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Vor noch nicht allzu langer Zeit standen sich Regierung und Befürworter der freien Marktwirtschaft als unversöhnliche Gegner gegenüber. Das hat sich geändert. Da es in der Privatwirtschaft nicht mehr viel zu plündern gibt, wenden sich die Finanzgangster nun dem öffentlichen Sektor zu und bedienen sich dazu der freimarktwirtschaftlichen Propaganda der Privatisierung.
Die Regierungen ihrerseits wurden Teil dieser Verschwörung, nachdem sie erkannt hatten, dass die Ausplünderung öffentlichen Eigentums eine erfolgreiche Möglichkeit bot, ihre privaten Wohltäter zu belohnen.

Wir können die ganze Misere am Beispiel der Privatisierung der britischen Post, der Royal Mail, durch die Regierung unter David Cameron verdeutlichen. Der Premierminister bezeichnete diese Ausplünderung als »populären Kapitalismus«, obwohl sich die britische Öffentlichkeit vehement
gegen die Übergabe der Post an ein gewinnorientiertes Privatunternehmen aussprach.
Die politischen Bestrebungen der britischen Regierung, die vom Volk abgelehnt werden, machen deutlich, dass es in Großbritannien an Demokratie mangelt, bei deren Verbreitung durch Washington nach Afghanistan, dem Irak, Libyen, Syrien und dem Iran mit Invasionen, Streubomben und angereichertem Uran Premierminister wie Blair und Cameron so bemüht mithelfen.
Doch zurück zur Privatisierung oder besser Plünderung der britischen Post.
In einem ersten Schritt schätzte Camerons Regierung das Vermögen und die Aktiva der Royal Mail auf Anraten der Finanzgangster viel zu niedrig ein und setzte dann Portogebühren voraus, die unter den geforderten lagen. Diese fingierte Bewertung machte dann den Verkauf öffentlichen
Eigentums an die privaten Wohltäter der Politiker zu einem Preis möglich, der weit unter Wert lag.
So wurden z.B. sämtliche Immobilien der Royal Mail an die neuen Besitzer zu einem Preis verkauft, der unter dem Wert allein der Londoner Immobilien lag. Neil Clark berichtet, ein Lagergebäude der Royal Mail in London habe einen Wert von etwa einer Milliarde britischen Pfund. Aber der gesamte Immobilienbesitz der Royal Mail – also öffentliches Eigentum – wurde für etwa 750 Mio. Pfund an die neuen Besitzer verkauft. Dieses Geschäft begünstigte die neuen Eigentümer in einem solchen Maße, dass der Aktienpreis am ersten Handelstag fast um 40 Prozent stieg. (Möglicherweise handelte es sich dabei um eine Art nominellen Handels, da das Geschäft möglicherweise noch nicht abgeschlossen wurde.)
Berichten zufolge werden viele Zusteller nun ihren Arbeitsplatz verlieren, und die Öffentlichkeit, und nicht etwa die Käufer, wird mit den Verbindlichkeiten der Rentenfonds der Royal Mail belastet, die etwa 55 Mrd. Pfund ausmachen. Die Käufer sind nun im Besitz der Werte, konnten die finanziellen Verpflichtungen aber abwälzen.
Die Käufer sind die Finanzgangster selbst, deren Interessen die Wirtschaftspolitik in den USA, Großbritannien und Europa bestimmen, und – ja, Sie liegen richtig, Goldman Sachs erhielt 33,5 Mio. Dollar für die Beratung Camerons bei diesem Verkauf.
Bei der Wall Street und der City of London, diesen beiden Weltfinanzzentren, die von den Freimarktökonomen so geliebt und der Öffentlichkeit gegenüber fälschlicherweise als Finanziers von Investitionen und Wirtschaftswachstum präsentiert werden, handelt es sich tatsächlich um legale, von der Regierung unterstützte Mafiabanden, die alles plündern. Ihre Gewinne ziehen sie aus Plünderungen.
Wir erkennen ihre Handschrift auch in Griechenland, wo es die Unantastbarkeit der Finanzgewinne gebietet, öffentliches Eigentum für Niedrigstpreise an private Interessen zu verschleudern. Bei Geschäften dieser Art werden geschützte Inseln, die zum Kulturerbe des Landes gehören, an Immobiliengesellschaften, und öffentliche Werte wie Wasserversorger, Häfen und die staatliche Lotterie zu lukrativen Preisen an private Interessen verscherbelt, hinter denen sich private Banken und ihre Klienten verstecken.
In Italien führt die Staatsverschuldung dazu, dass historische Paläste und Villen sowie etwa die Insel San Giacomo, die sich in einer der Lagunen Venedigs befindet, an private Investoren verkauft werden. Diese nationalen Kulturschätze werden nun in Hotels, Restaurants und Wellness-Oasen für das oberste eine Prozent umgewandelt.
Stehen das British Museum und die Smithsonian Institution, der weltgrößte Museumskomplex der
Welt, als nächste auf der Privatisierungsliste?
In Amerika wurden Gefängnisse trotz des damit gelieferten Anreizes, noch mehr Insassen zu »produzieren«, privatisiert. Öffentliche Schulen wurden in Form so genannter »Charter Schools« (»Vertragsschulen«) privatisiert. Diese Schulform ist der Versuch, gewerkschaftlich organisierte Lehrer und ihre Standards zu unterlaufen und ihre Bezahlung in Gewinne zu verwandeln, indem Lehrpersonal mit Zeitverträgen eingestellt wird, das dann nach wenigen Jahren ausgetauscht werden kann.
Die westliche Zivilisation, sofern überhaupt noch etwas von ihr übrig geblieben ist, sieht sich dem völligen Zusammenbruch wirtschaftlicher und regierungsamtlicher Moral gegenüber. Ausplünderung und Ausbeutung geben den Ton an, und die sich anbiedernden Medien versuchen alles, dies unter den Teppich zu kehren.
Das Konzept westlicher Zivilisation wurde auf einige Überbleibsel reduziert: historische Artefakte, malerische Dörfer in England und Frankreich, deutsche Effizienz, Joie de vivre und gutes Essen in Frankreich und Italien sowie architektonische Meisterleistungen und klassische Musik, die alle lange vor unserer Zeit entstanden sind.
Zusätzlich zu den von der Wall Street perfektionierten Ausplünderungsmechanismen steuert Amerika die Technologien und Programme bei, mit der man die ganze Welt unter ständiger Überwachung halten und die gewonnenen Informationen zum wirtschaftlichen Vorteil nutzen kann; aber auch Abweichler und Störenfriede lassen sich damit zum Schweigen bringen.
Die westliche Zivilisation hat ihre Anziehungskraft verloren. Und wenn nichts mehr bleibt als ein Schatten des früheren Selbst, wird man sie auch nicht vermissen, wenn sie im Abgrund grenzenloser Korruption verschwindet.
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http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/dr-paul-craig-roberts/was-ist-nur-aus-der-westlichen-zivilisation-geworden-.html
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