Eine Geburtstagsfeier und die Staatsmacht – ein Erlebnisbericht …

Ich war auf einer privaten Geburtstagsfeier eingeladen. Es war ein ganz normaler
Geburtstag; noch nicht einmal ein „runder“ – schlicht das Durchlaufen eines weiteren
Jahreskreises auf dem Weg durch ein Lebensjahrzehnt sollte gefeiert werden. In der Mitte
Deutschlands fand die Feier statt, im schönen Thüringen, in einem kleinen Ort im Landkreis
Sonneberg.
Wie sehr sich der Staat um seine Bürger sorgt, das hatte sich bereits am Morgen des
Geburtstagstages gezeigt:
Die Jubilarin 
wurde vom Staatsschutz persönlich angerufen, es
wurde ihr gratuliert und es wurde nach den Gegebenheiten und Umständen der Feier
gefragt.
Die Fragen konnten leicht beantwortet werden: Etwa 30 Personen würden sich am
Abend zusammenfinden, um in froher Runde – und im Geleit einiger musikalisch und
gesanglich begabter Teilnehmer – das Leben und das Geburtstagskind zu feiern. Eine
geschlossene Gesellschaft mit keinerlei Außenwirkung – weder örtlich noch medial.
iele der Gäste kamen an diesem Vorabend des 1. Mai von auswärts, viele reisten gar aus
größerer Entfernung an – so auch wir. Ein Pkw aus Franken mit drei Insassen:
Der Fahrer,
die Halterin des Fahrzeugs sowie ein in Nürnberg zugestiegener weiterer weiblicher
Fahrgast. Waren es nun die ortsfremden Kfz-Kennzeichen oder auch unsere vorsichtige
Fahrweise bei der Annäherung an den Ort der Veranstaltung:
Am Ortsrand sahen wir uns –
wie übrigens auch die sich von der anderen Seite des Ortes nähernden Fahrzeuge – der
Staatsgewalt in Form von 7 (!) Mannschaftswagen der Polizei mit entsprechender personeller
Bestückung gegenüber. Breit(beinig) aufgestellt nahm man uns in Empfang. Befragt nach
dem Ziel unserer Fahrt gaben wir bereitwillig und wahrheitsgemäß Auskunft.
Daraufhin
wurden wir auf eine neben der Straße befindliche größere Freifläche gewunken, die ebenfalls
rundherum von Polizeikräften gesichert war. „Im Rahmen einer allgemeinen
Verkehrskontrolle“ wurde ich als Fahrer um Führerschein und Zulassung gebeten. Ersteren
hatte ich parat, nach dem zweiten gewünschten Dokument musste die Beifahrerin – meine
Ehefrau und Halterin des Autos – erst einmal einige Wühlaktionen lang suchen. Doch auch
dies gelang. Schwieriger wurde es dann bei den weiteren Wünschen der uniformierten
Staatsbürger: Warnwesten? Hatten wir – sogar gelbe! Verbandskasten und Warndreieck? Oje
– wo hatten die japanischen Konstrukteure unserer kleinen blauen Blechkiste diese denn nun
versteckt?
Also: Kofferraum ausräumen – dabei wurden auch dessen Behältnisse zur
Kenntnis genommen und inspiziert: Ein bemalter Holzstock – Geburtstagsgeschenk. Zwei
kleine Baumpflanzen in Blumentöpfen – Geburtstagsgeschenk. Eine weitere verpackte
Pflanze – Geburtstagsgeschenk. Zwei mit einer klaren Flüssigkeit befüllte Glasballons mit je 5
Litern Inhalt – kein Geburtstagsgeschenk, kein Schnaps und auch keine Wasserbombe,
sondern levitiertes Wasser aus der „Wasserwerkstatt“ in der Noris. Wir mussten keine Probe
des Inhalts abgeben.
Der Verbandskasten fand sich schließlich – selbst unter dem Reserverad hatten wir
nachgesehen. Aber wo war das Warndreieck? Wir gaben auf und befragten die uns
Befragenden nach den Konsequenzen dieses Versäumnisses. Ein Verwarnungsgeld von 10,-
€ wäre fällig, am besten in bar zu begleichen.
Außerdem wäre es nun nötig, als Zeugen
dieses Vorfalles die Personalien aller Autoinsassen aufzunehmen. Also neben meinem
Führerschein auch die Daten der Fahrzeughalterin – nein, deren Geburtsdatum war in der
Zulassung NICHT vermerkt, sondern nun das des Fahrzeugs … . Auch die weitere
Mitfahrerin hatte nun – konkret mittels eines Reisepasses – ihre Identität preiszugeben. Dies
geschah, und die bewaffnete Bürgerschaft um unser Fahrzeug herum machte sich daran,
alle Angaben nun in die dafür vorgesehenen digitalen Formulare einzutragen.
Derweil
wurden wir wiederholt aufgefordert, wieder das Fahrzeug zu besteigen. Man wollte uns nicht
herumstehen sehen. Was in Gottes oder Wotans Namen befürchtete man?
Also saßen wir wieder im Auto. Die Wartezeit nutzte ich, um einen daneben stehenden
bärtigen Hünen durch das offene Seitenfenster zu befragen: Wäre dieser Aufwand nicht
etwas überdimensioniert bei einer so kleinen Feier? Nein, das wäre die übliche
Personalstärke eines solchen Einsatzes.
Gäbe es denn Ansätze für bevorstehende
Geschehnisse, die einen solchen Einsatz überhaupt in Gang hätten bringen müssen? Man
habe eben Erfahrungswerte, dass bei solchen Feiern auch etwas außerhalb des üblichen
Maßes gefeiert werden könnte – da müsse man dann womöglich etwas beenden oder
auflösen. Ob ich denn davon ausgehen könne, dass dann umgekehrt auch die Feier von
etwaigen Störungen von außerhalb geschützt werden würde?
An die Antwort auf diese Frage
kann ich mich leider nicht erinnern. Womöglich ist sie ja auch unterblieben …
Meine Frau wollte gerade ebenfalls wieder im Auto Platz nehmen, machte aber noch einen
letzten Versuch in der Fahndung nach dem Warndreieck. Und: Sie war erfolgreich! Das Ding
hatten die kaisertreuen Ingenieure Nippons doch glatt mit im Behältnis des Verbandskastens
verstaut. Wir hatten es schlicht übersehen, da wir den Verbandskasten wieder darin platziert
hatten, ohne jedoch auf seine weitere Beibestückung zu achten.
Also Kommando zurück,
keine Verwarnung, der Zehnerschein wieder in den Geldbeutel meiner Frau – unsere
Personalien aber verblieben dennoch in Händen und in den Rechnern unserer „Freunde und
Helfer“. Man wünschte uns einen guten Abend und eine schöne Feier.
Wir waren darauf gefasst, später bei der Rückfahrt wieder kontrolliert zu werden – diesmal
sicher mit dem berühmten Blaseröhrchen, unserer 10 Liter Flüssigkeit eingedenk … .
Um es
vorwegzunehmen: Die Herren Staatsbeschützer fuhren nach einigen Stunden mit 6 ihrer 7
Fahrzeugen in Kolonne am offenen Fenster unseres Feierortes vorbei und zogen ab. Wo das
siebte Fahrzeug geblieben war, ließ sich auch später bei der Rückfahrt kurz vor Mitternacht
nicht mehr feststellen.
Womöglich hatte es ja doch noch einen noch wichtigeren Einsatz
gegeben, als auf die Konformität unserer Feier aufzupassen.
Apropos „wichtigere Einsätze“: Am selben Abend brannten in mehreren Städten unseres
Landes Autos, gingen Glasscheiben von Gebäuden zu Bruch, wurden Steine und
Explosionskörper gegen Häuser und Polizei geworfen.
Zudem kam es tags darauf zu
Aufmärschen mit vielen vermummten Teilnehmern, die durch die Straßen zogen und
eindeutige Parolen gegen die Staatsmacht von sich gaben. Ich wage es nicht mir
vorzustellen, wie viele Verwarnungen und Identitätsfeststellungen es da gegeben haben
musste. Hochgerechnet vom Aufwand für unsere kleine Geburtstagsfeier mussten hier
Legionen im Einsatz gewesen sein.
Hoffentlich fehlten bei der Bekämpfung dieser
Ausschreitungen nicht gerade jene 14 Einsatzwagen, die in einem kleinen Ort in Thüringen
effektiv und erfolgreich für Ruhe und Ordnung sorgten.
Aber jetzt mal ehrlich: Wir hätten das auch ohne die Unterstützung der Ordnungshüter
hinbekommen, denn wir lieben unser Land!
Ernst Cran
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